Eines frühen Morgens riss mich ein komisches Geräusch aus dem Land der Träume. Obwohl ich noch ziemlich schlaftrunken war, begab ich mich auf die Suche nach der Herkunft des Geräusches. Als ich aus dem Fenster schaute, sah ich plötzlich, wie ein kleines Waschbärbaby mit Hilfe seiner Mutter die Wand des Nachbarhauses hochkletterte. Ich hatte zuvor noch nie Waschbären live gesehen und freute mich sehr über diese unerwartete Begegnung! Geistesgegenwärtig zückte ich mein Handy und filmte das Ereignis. Hier ist das Ergebnis meiner Filmerei:

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Als ich am Abend nach Hause kam, hatte ich erneut das Glück, die Waschbärmutter und ihre drei kleinen Welpen anzutreffen. Dieses Mal kletterten sie in einem Baum herum und beobachteten mich mit großer Neugier. Wir schauten uns eine Weile an und ich muss gestehen, dass ich mich ein kleines bisschen verliebt habe. Sie sind einfach unglaublich niedlich mit ihren schwarzen “Masken” um die Augen und ihrem grau-schwarz-gestreiften Schwanz.

Als ich meiner Gastfamilie voll Freude von meiner Begegnung erzählte, waren sie gar nicht begeistert und konnten meine Freude überhaupt nicht teilen. Denn anscheinend können Waschbären zu einer richtigen Plage für Hausbesitzer werden, denn mit ihren kleinen, menschenähnlichen Händen und ihrer unbändigen Neugier zerstören sie Dächer und Häuser und sorgen so für erheblichen Schaden. Sie sind quasi Allesfresser und finden im Abfall der Menschen immer eine Köstlichkeit, sodass die Städte zu regelrechten Schlaraffenländern für Waschbären und andere Säugetiere geworden sind. Waschbären sind in Nordamerika heimisch, aber man kann sie mittlerweile auch in Europa finden, zum Beispiel in Deutschland, wo 1934 ein Waschbärpärchen in die Wildnis ausgesetzt wurde um die “heimische Fauna zu bereichern”. In den 1920er/1930er Jahren wurden Waschbären außerdem aus Nordamerika nach Deutschland gebracht und dort in Pelzfarmen für die Pelzproduktion gehalten. 1945 konnten sich einige Waschbären aus einer Pelzfarm befreien und sich dann in Freiheit fröhlich vermehren. Heute gibt es viele Waschbären in Deutschland, vor allem im Süden und Osten der Republik (im Norden sind sie noch nicht so weit verbreitet; wahrscheinlich war ich deshalb noch keinen begegnet …). Wie auch immer, in Hamilton gab es in den letzten Jahren mehrere Fälle von Tollwut bei Wildtieren in der Stadt, wobei die Zahl 2016 mit 200 Fällen am höchsten war. Aus diesem Grund hat die Stadt und das Ministerium für Umwelt (Ministry of Natural Resources) viel Geld in die Hand genommen, um der Verbreitung der Krankheit mit verschiedenen Initiativen entgegen zu wirken. So verstreuten sie Köder getränkt mit einem Impfstoff oder fingen die Tiere in Fallen, um sie zu impfen und dann in die freie Natur zu entlassen. Waschbären haben in Hamilton keinen guten Ruf …

Wildtiere in der Stadt – Bereicherung oder Plage?

Es gibt mittlerweile viele Städte, die gegen wilde unerwünschte Säugetiere kämpfen: Ich denke, die meisten haben schonmal von New Yorks Rattenplage gehört, aber auch Berlin leidet unter einer schnell wachsenden Rattenpopulation (die Sendung planet e hat dazu eine gute Dokumentation gemacht, die bei YouTube zu finden ist: “Ratten in der Stadt“). In einigen Städten in  Großbritannien ist die Fuchs-Population in den letzten Jahren enorm angestiegen, ebenso vermehren sich die aus Nordamerika stammenden Grauhörnchen rasant und verdrängen die heimischen roten Eichhörnchen (was zu einem Konflikt zwischen Menschen führte, die die Grauhörnchen gern haben und solchen, die die Grauhörnchen zum Schutz der roten ausrotten möchten. Auf arte gibt es dazu eine interessante Doku: “Englands Streit um Eichhörnchen: Verdrängen die Grauen die Roten?”, Link zu YouTube). Genau wie die Waschbären aus Nordamerika nach Deutschland gebracht wurden, wurden auch die Grauhörnchen nach Großbritannien gebracht und in die Wildnis ausgesetzt, wo sie sich ohne Probleme vermehren konnten da sie keine natürlichen Feinde haben. Also, schaffen wir uns die Probleme selbst?

Wie dem auch sei, an diese ganzen Probleme in Städten mit Wildtieren im Allgemeinen und Waschbären im Speziellen dachte ich nicht als ich die Mutter mit ihren Welpen beobachtete. Vielmehr genoss ich den Moment und erfreute mich an der Schönheit der Natur.

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