Es gibt ein paar Dinge in Kanada, die ich genieße und die in Deutschland ganz anders sind. Natürlich ist Kanada ein riesiges und vielfältiges Land, das sich regional unterscheidet. Da ich hier vor allem in den größeren Städten gelebt habe, beziehen sich meine Beobachtungen vor allem auf die urbanen Gebiete in Kanada, auf dem Land sieht es vielleicht anders aus. Behalte das einfach im Hinterkopf beim Lesen, und los geht’s:

Kostenloses Wasser und kostenfreie Toiletten

Bei einem Restaurantbesuch bekommt man meistens noch vor der Bestellung ein Glas kaltes Wasser (in Sushi-Restaurants oft einen Tee). Das finde ich fantastisch, denn ich bin oft sehr durstig und muss in Deutschland Unmengen an Geld für Getränke ausgeben. Hier wird das Wasser auch immer wieder nachgefüllt, wenn man möchte. Kein*e Kellner*in bestraft einen hier mit einem bösen Blick wenn man nur das kostenlose Wasser trinkt und kein teures Getränk bestellt. Ich habe gehört, dass die Preise für Speisen in Restaurants wegen des kostenlosen Wassers etwas höher sind als in Deutschland, aber ehrlich gesagt finde ich es super, während des Essens so viel trinken zu können wie ich möchte ohne am Ende eine hohe Getränkerechnung begleichen zu müssen. Hat wohl was mit Psychologie zu tun… Außerdem gibt es in der Stadt viele Wasserspender, an denen ich meine Trinkflasche kostenfrei füllen kann.

Das gleiche gilt auch für Toiletten: Es gibt viele öffentliche Toiletten, die meistens auch überraschend sauber und gepflegt sind. In den meisten Läden und Cafés kann man umsonst die Toilette benutzen und muss nicht verschämt so tun als wäre man Kund*in und unauffällig Richtung Toilette schleichen. So viel weniger Stress! Einfach kein Vergleich zu Deutschland, wo manche Toiletten mit Schranken abgesperrt sind, sodass man ohne zu bezahlen gar nicht hinein kommt. Das gilt leider besonders für Orte, die Menschen extra aufsuchen, um sich zu erleichtern, wie Autobahnraststätten. Der ‘Feind’ hat auch einen Namen: beispielsweise Sanifair, eine Tochtergesellschaft von Tank & Rast. Dieses private Unternehmen verlangt 0,70€ (ca. 1CAD) für die Toilettenbenutzung. Dafür bekommt man dann einen Gutschein über 0,50€ (ca. 0,75CAD), den man nur für überteuerte Produkte in ausgewählten Läden ausgeben kann. Danke, Privatisierung von 1998! Ich glaube, viele Menschen in meinem Heimatland sind Sanifair-Millionär*innen, weil die meisten diese Gutscheine nie einlösen sondern zu Hause in der Schublade horten. Falls du mehr über dieses deutsche Phänomen und die Hintergründe wissen möchtest, empfehle ich dir diese beiden Videos:

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Auch in vielen Bahnhöfen der deutschen Republik muss man für den Toilettengang bezahlen. Aus finanziellen Gründen ergibt es durchaus Sinn, auf den Zug zu warten, denn an Bord kann man seinen Bedürfnissen kostenlos nachgehen. Das Menschenrecht auf Wasser und Sanitärversorgung ist in Kanada viel günstiger zu haben als in Deutschland.

Teilmöblierte Wohnungen – immer!

Wenn man in Kanada eine Wohnung oder ein Haus mietet, sind folgende Einrichtungsgegenstände meistens bereits vorhanden: Eine Küche mit Kühlschrank, Herd, Ofen und allen Küchenschränken; Kleiderschränke in den Schlafzimmern und im Flur; Deckenlampen in allen Räumen, sodass man beim Umzug nicht im Dunkeln sitzt. In Deutschland hingegen muss man die meisten dieser Dinge selbst mitbringen. Einige Wohnungen verfügen zwar über Einbauküchen, aber viele eben auch nicht. Beim Umzug muss man also die ganze Küche abbauen, die Lampen abnehmen und alle mitgebrachten Möbel wieder mitnehmen. Ich kann mich noch gut an den ungläubigen Blick meines Freundes erinnern als ich ihm eröffnete, dass wir alles mitnehmen müssten, um es in die neue Wohnung zu bringen (er lacht heute noch darüber und teilt diese Umzugsgeschichte gern mit Freund*innen). Glücklicherweise bleiben zumindest die Toilette, das Waschbecken und die Dusche beziehungsweise Badewanne in der Wohnung. Nur um den Duschvorhang muss man sich oft selbst kümmern, was leider nicht immer so einfach ist, da Badewannen oft frei im Raum stehen. In Kanada ist dies einfacher, da die Badewannen dort oft in die Wand eingelassen sind und man die Stange mit Vorhang nur noch dazwischen klemmen muss. Ja, ein Umzug in Deutschland ist ganz schön aufwendig und arbeitsintensiv. Man braucht viele gute Freund*innen und Angehörige oder genug Geld um ein Umzugsunternehmen zu buchen. Ich weiß nicht, wie oft ich in meinem Leben schon zusammen mit Freund*innen und Familie Schränke ab- und aufgebaut, Lampen angebracht und Kühlschränke die Treppen hoch- und runter geschleppt habe. Ja, man kann die eigene Wohnung dadurch, dass man alles selbst mitbringt, individueller gestalten, aber lohnt sich der ganze Aufwand dafür wirklich? Ich denke ernsthaft darüber nach, mir bei Rückkehr nach Deutschland nur noch Pappmöbel zu kaufen – die kann man wenigstens gut von Stockwerk zu Stockwerk und Stadt zu Stadt tragen. Im Land des Ahornblatts ist es viel einfacher, umzuzuiehen (vorausgesetzt, man findet bezahlbaren Wohnraum, aber das ist eine andere Vancouver-Geschichte…) und wenn man einen minimalistischen Lebensstil pflegt, muss man nur ein Bett, einen Tisch und Stühle mitbringen. In der Provinz Quebec ist der erste Juli nicht nur Nationalfeiertag (Canada Day), sondern auch allgemeiner Umzugstag (auf Französisch jour du déménagement). Traditionell ziehen viele genau an diesem Tag um (keine Ahnung wie sie sich die Freund*innen aufteilen und ob genügend Transporter zur Verfügung stehen).

Standort der Ampeln

Für mich war der Standort der Ampeln hier in Kanada zunächst sehr gewöhnungsbedürftig und verwirrend. Besonders beim Autofahren war ich mir nicht immer sicher, welches Ampelsignal für mich gilt. Wenn man in Deutschland als erste*r an der Ampel steht, steht man fast direkt neben ihr und manchmal muss man sich etwas nach vorne lehnen, um zu erkennen, ob die Ampel noch rot ist oder schön grün anzeigt. In Kanada ist das anders, denn hier befinden sich die Ampeln auf der gegenüberliegenden Seite der Straße, sodass man sie immer gut sehen kann. Ich denke, dass der Ampelstandort hier sinnvoller ist, auch wenn es für mich zunächst schwierig war, mich daran zu gewöhnen.

Übrigends, die meisten Fußgängerampeln verfügen hier über eine warnende Hand mit eingebautem Countdown, der die noch verbleibenden Sekunden für die Straßenüberquerung herunterzählt. Das mag ich als zeitbewusster Mensch nicht sonderlich, da ich immer auf die leuchtenden Zahlen starren muss (sei es wegen meiner Persönlichkeit oder meinem Deutschsein oder beidem) und den Druck verspüre, mich beeilen zu müssen während die meisten anderen gemütlich auch noch bei aufleuchtender Sekunde drei auf die Straße treten. Das bereitet mir einfach unnötigen Stress.

Busfahrer*innen

Ein gängiges Vorurteil in Deutschland über Busfahrer*innen ist, dass es sich bei ihnen um unfreundliche und schlecht gelaunte Menschen handelt. Das ist natürlich ein Stereotyp und es gibt auch freundliche und gut gelaunte Busfahrer*innen. Dennoch muss ich zugeben, dass ich (gemäß meiner persönlichen subjektiven Einschätzung) im Durchschnitt nettere Begegnungen mit Busfahrer*innen hier gehabt habe als in Deutschland. Manchmal halten sie sogar mitten auf der Straße an, um einen noch schnell reinspringen zu lassen (erst heute ist mir das wieder passiert! Danke an den Busfahrer der Linie 10 Richtung Innenstadt!). In meinem Heimatland passiert dies eher selten, wenn überhaupt. Vielleicht ist der Job als Busfahrer*in in Deutschland anstrengender als in Kanada, weil die Fahrgäste nicht so nett und respektvoll sind oder weil sie nicht so gut bezahlt werden oder weil viele bar bezahlen. Vielleicht führt all das zu schlechter Laune, aber das ist nur eine Vermutung. Hier in Vancouver bedanken sich viele Fahrgäste beim Aussteigen für die Fahrt (ob das auch in anderen kanadischen Städten der Fall ist, weiß ich nicht), was sicherlich zu einer angenehmeren Atmosphäre beiträgt und den Busfahrer*innen gegenüber Respekt ausdrückt. Die meisten Fahrgäste zahlen in Vancouver auch nicht bar sondern mit einer aufladbaren Karte. Streitigkeiten oder Verstimmungen über Wechselgeld kommen dadurch nicht auf. In Deutschland hingegen ist das Thema Wechselgeld häufiger Streitpunkt.

Vielfalt des Popcorns

In Deutschland essen die meisten Menschen vor allem im Kino Popcorn. Dort können sie zwischen süßem und salzigem Popcorn wählen. Die Mehrheit bevorzugt süßes Popcorn (96% zu 4% gemäß der Verkaufszahlen von 2016) und ich kann mich nicht mehr daran erinnnern, ob es in meiner Kindheit überhaupt salzies Popcorn in den Kinos gab. Mein erstes salziges Popcorn habe ich damals in Uganda gegessen und ich war sehr überrascht, wie gut es schmeckte. Vorher war es mir nie in den Sinn gekommen, Popcorn mit Salz zu essen (wenn man darüber nachdenkt, liegt salziges Popcorn eigentlich näher, man isst ja Maiskolben oder Maismehl auch nicht mit Zucker. Da sieht man mal, wie man auch in Alltagsdingen kulturell geprägt ist). Hier in Kanada bevorzugen die meisten, glaube ich, die salzige Variante. Wobei es in einigen Kinos und Läden auch abgefahrene Popcorn-Varianten gibt wie zum Beispiel Popcorn mit Barbecuegeschmack, Butter, Karamell, Schokolade oder auch im Chicago Style (Popcorn mit Butter, Karamell und Cheddarkäse). Ein Popcornparadies, wenn man mutig genug ist, für neue Gaumenfreuden. Wenn du zu Hause selbst ein paar neue Geschmacksrichtungen ausprobieren möchtest, findest du hier ein paar Rezeptideen: Five fabulous ways to flavor your popcorn (Rezepte auf Englisch). Oder du schaust dir dieses Video an, wie man Popcorn-Brezel-Riegel selbst herstellt.

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